Cassandra Adler hat letztes Jahr bei einer Demonstration in Sarstedt eine Rede gehalten für das Jugendparlament Hildesheim, in dem sie nun Pressesprecherin ist. Bei der Organisation der Großdemonstration in Hannover, erinnerte sich eine der Organisatorinnen von den Omas gegen Rechts an ihren Redebeitrag und hat daraufhin über Umwege mit ihr Kontakt aufgebaut. Der ursprüngliche Plan war es, erst eine Menschenkette vom Bahnhof bis zum Opernplatz und daraufhin eine Kundgebung am Opernplatz abzuhalten. Doch es wurden so viele Menschen erwartet, dass die Menschenkette abgesagt werden musste. Um 12:30 startete das vielfältige Bühnenprogramm, aus Redebeiträgen, Poetry und musikalischen Beiträgen. Nur wenige Minuten nach dem Redebeitrag unseres Bundesverteidigungsministers Boris Pistorius wurde dann auch Cassandra Adler aufgerufen.

“Kurz bevor ich die Bühne betrat, wurde die Anzahl der Teilnehmenden bei der Kundgebung veröffentlicht und zu hören, dass man gleich vor 24.000 Menschen sprechen soll war ein krasses Gefühl.”, so Cassandra Adler

Die Rede in Schriftform: 
„Unsere Verantwortung heute bleibt klar: Erinnern heißt Handeln.“
So schreibt es die CDU auf ihrem Instagram-Account in der Beschreibung ihres Beitrags zum Gedenken an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am Holocaust-Gedenktag.

Zwei Tage später brach die Union ihr Versprechen und stimmte gemeinsam mit der AfD für ihren rechtswidrigen und menschenverachtenden Antrag. Ein Tabubruch.

Und lieber Herr Merz, auch wenn es keine direkten Absprachen mit der AfD bezüglich des Antrags gab – wenn man nicht einmal nach Mehrheiten durch Absprache und Kompromissfindung mit anderen Parteien gesucht hat, hat man es mindestens missbilligend in Kauf genommen, dass durch die AfD eine Mehrheit gebildet wird – oder es sogar taktisch geplant.

Sie haben diesen Menschen genau das gegeben, was sie immer wollten: Legitimation. Und das haben Sie ganz allein mit Ihrer Partei zu verantworten.

Und ich will ja nichts sagen, aber wenn Rechtsextremisten nach einer solchen Abstimmung jubelnd von einem „Sieg für die Demokratie“ sprechen, würde ich mir persönlich Gedanken machen.

Letztendlich war das Chaos, das Friedrich Merz ausgelöst hat, umsonst, weil am darauffolgenden Freitag der Gesetzesentwurf abgelehnt wurde – weil es doch noch einige stabile CDU- oder FDP-Mitglieder mit Rückgrat gab, die dagegen stimmten.

2025 und nach jeder schrecklichen Gewalttat wird fast schon medial gehofft, dass es ein Täter mit Migrationshintergrund ist – am besten noch mit einem Bezug zum Islamismus. Und naja, dann passt auch schon das Narrativ des kriminellen, barbarischen Ausländers passend zum eigenen rechtspopulistischen Wahlprogramm. Denn es ist den Rechtspopulisten und Radikalen egal, wer die Opfer sind und welche Familien darunter litten, solange der Täter für die politische Agenda instrumentalisiert werden kann.

Ich frage mich: Ist es wirklich im Sinne des Landes, Menschen, die hier Zuflucht vor der Gewalt in ihrem Land suchten und sich sogar hier ein Leben aufbauten, zu stigmatisieren und dauerhaft zu beurteilen, ab wann er/sie ein guter oder schlechter Ausländer ist?

Die Herkunft eines Menschen macht ihn nicht kriminell. Kriminalität hat anderweitige Ursachen – soziale Ausgrenzung, Perspektivlosigkeit, Armut, schlechte Bildung.

Lasst uns doch darüber mal reden.

Migrantisierte Menschen haben eine deutlich höhere Chance, in Armut aufzuwachsen und auch in dieser zu verweilen. Und das liegt nicht daran, dass sie zu faul zum Arbeiten seien, sondern weil ihnen die Arbeitserlaubnis meistens fehlt oder ihnen Hindernisse in der Schule gestellt werden.

Wenn wir ihnen weiterhin mit Hass begegnen, wird sich das Problem zuspitzen. Wenn wir sie jedoch integrieren und sie Teil unserer Gesellschaft werden lassen, erhalten sie eine Perspektive und Zukunft.

Magdeburg und Aschaffenburg waren schrecklich, keine Frage. So etwas darf nicht erneut geschehen. Aber wenn wir anfangen, alle Menschen mit Migrationshintergrund in diese Schublade zu stecken, schüren wir nur Angst und sorgen dafür, dass das Land für diese Menschen unsicherer wird – obwohl wir sie schützen sollten.

Liebe Demokrat*innen,

ich bin Cassandra, 16 Jahre alt, aus Gronau und bitte Sie: Gebt nicht auf.

Es ist womöglich unsere letzte Chance, dafür zu sorgen, dass die Geschichte sich nicht wiederholt – und endlich das zu tun, was wir an ihrer Stelle getan hätten: Widerstand leisten.

Informiert euch und eure Mitmenschen über politische Mitbestimmungsmöglichkeiten und nutzt sie auch. Seid laut für diejenigen, die es aktuell nicht sein können.

Denn Hass hat unser Land noch nie gerettet.